Igelaufzucht

Ein Jahr mit meinen Igeln Olga, Bärbel, Paula und Otto

Otto der Erste

Otto meldete sich im April 2020 bei uns. Er war fürchterlich erkältet und hustete weithin hörbar und da er gerade 400 Gramm auf die Waage brachte, bekam er bei uns einen Pflegeplatz. Nach einer tierärztlichen Untersuchung war klar, dass er Innenparasiten in der Lunge hatte und Zecken, sowie Flöhe reichlich auf ihm weideten. Also ging er nach der medikamentösen Behandlung bei uns in Pflege und wuchs zu einem Prachtburschen von 1700 Gramm heran. Nach Sonnenuntergang meldete er sich jeden Abend bei uns und unseren Nachbarn. Erst wurde ausgiebig an der Trockenfutterschale nach Futter gebettelt und dann laut schmatzend verspeist. Seine Leidenschaft war das Baden in der flachen Vogeltränke auf der Wiese. Erst wurde daraus getrunken und dann wurden die Flöhe gewässert. Im August und September war er auf Pirsch und wir warteten jeden Abend auf ihn, aber im September tauchte er eines Abends wieder auf. Ein Foto schickten wir an unsere Tochter und prompt kam die Bemerkung zurück, ob wir nicht den Igel mit einem kleinen Minischwein verwechseln täten, da er so ein Riese war. Ende September baute ich ihm dann ein Ziegelhaus in welchem er dann dankbar kurz vor dem Winteranfang 2020 einzog.
Im Mai 2021 wurde er wieder wach und hielt uns zusammen mit Igel Olga die Schnecken und Würmer im Garten vom Leibe. Natürlich nahm er wieder seine niedlichen Gewohnheiten auf. Leider kam er am 31.05.21 mittags zu uns auf den Balkon zum sterben, da er leider, so vermuten wir und die Igelstation, mit einem Rasenmäher kollidiert sein musste und die inneren Verletzungen zu schwer waren.

Olga

Olga erschien am 28.09.20 in unserer Praxis. Sie lief mutterseelenallein auf der Ebereschenstraße herum und wurde dort von einem lieben Patienten nachts in Obhut genommen und am 02.10.20 irrten dann ihre Geschwister dort herum. Alle 3 kamen also zu uns zur Pflege und wogen gerade einmal 170, bzw. 110 Gramm. Da die Igelstation zu diesem Zeitpunkt hoffnungslos überfüllt schon war, entschlossen wir uns sie aufzuziehen. Olga hatte eine Woche Vorsprung und war die Stabile. Alle Tiere hatten Durchfall und waren sehr mager. Olga nahm nach anfänglicher Zwangsernährung schnell an Gewicht zu. Sie ist ein Tier mit einem sehr eigenen Charakter und einem starken Willen. Sie meckert, faucht und pufft wie wild und das schon von Anfang an. Nur wenn sie Ihre Flasche bekam, war sie in dieser kurze Zeit gnädig gestimmt. Tagsüber schlief sie in der ersten Woche gemütlich auf ihrer Wärmflasche, wurde am Morgen, bevor wir zur Arbeit verschwanden, 12.00 Uhr, 14.00 Uhr und 19.00 Uhr zum wiegen und zur Fütterung geweckt, schimpfte erst einmal fürchterlich mit uns und fraß dann wie ein Scheunendrescher. Ab 21.00 Uhr wiederholte sich das Ritual aller 2 Stunden bis zum nächsten Morgen 6.00 Uhr und am 30.09. wog sie schon 311 Gramm und fraß ab da selbstständig. Auf ihr Fläschchen bestand sie aber noch eine weiter Woche.

Bärbel und Paula

Bärbel und Paula kamen eine Woche später zu uns und wogen beide gerade einmal 110 Gramm, waren mit Außenparasiten übermäßig bewohnt und nach der 1. Hilfe in der Igelstation bekamen sie einen Pappkarton mit Wärmflasche und alter Decke als Schlafbox und viel Auslauf auf dem Dachboten. Olga bezog einen eigenen großen Auslauf und die Kleinen bekamen ein gemeinsames Pflegebereich zugewiesen. In den ersten Wochen sah es nicht gut für Bärbel und Paula aus. Bauchschmerzen plagten sie immer wieder. Sie nahmen nur Igelaufzuchtsbrei angerührt mit Katzenwelpenaufzuchtsmilch zu sich. Dieser Brei wurde in einer kleinen Spritze ohne Kanüle eingefüllt und dann bekamen beide Igel erst einmal jeder eine ordentliche Portion direkt in ihr Mäulchen appliziert und danach noch eine Fenchel+ Kamillentee.

Der Fütterrhythmus war der gleiche wie bei Olga in der ersten Woche nur das die Baby`s auch nach der zweiten Woche immer wieder grünen Durchfall hatten, sodass sie erst einmal zur Behandlung in der Igelstation eine Woche lang einzogen. Nach entsprechender Medikation aufgrund von hartnäckigen Darmparasiten waren sie danach über dem Berg und danach nahmen sie auch tägliche geplante 20 Gramm zu, aber ihre Zwangsfütterung zog sich noch 2x in der Nacht über weiter 3 Wochen hin. Sie zur Geisterstunde nun schon recht mobil und klapperten mit ihren Tellern, aber die selbstständige Nahrungsaufnahme war noch nicht ihr Ding. Für sie waren die Teller ein herrlicher Zeitvertreib, für uns leider in der Nacht etwas störend. Aus den ihnen angebotenen Näpfen weigerten sie sich weiterhin zu essen. Sie benahmen sich also wie 2 kleine Schlossgespenster und ich hatte langsam eine Stilldemenz. In der Igelstation ging es den vielen freiwilligen Helfern aber auch nicht anders und das tröstete schon ein bisschen. Aber nach den 6 Wochen war Olga vom Gewicht soweit, dass sie ihr Außengehege nach einer negativen Kotprobe beziehen konnte und die 2 Babys in ihr großes Auslaufgehege ziehen konnten auf dem Dachboden und damit sie sich nicht langweilten bekamen sie lauter Eicheln und Kastanien und auch 2 Pingpongbälle zur Beschäftigung. Als Auslage für den Auslauf im Raum eignete sich besonders gut eine dicke Pappeschicht und darauf viel Zeitung. Sie bekamen außerdem jeder eine Fotoschale an ihr Schlafhaus gestellt mit geschredderten Papier als Toilette. Da Igel nur eingeschränkt sauber werden, ist der Verbrauch horrend und somit bedanke ich mich noch einmal bei allen Mitarbeitern für ihre Papierspenden.

Olga schlief dann mit dem ersten Frost im Garten in ihrer warmen Igelburg neben der Ottoburg ein und wenn man leise war, konnte man sie anfänglich leise schniefen hören in der Nacht. Olga und Bärbel waren leider noch nicht so weit, da sie noch je eine Kotprobe abgeben mussten und 14 Tage später noch einmal. So waren sie 3 Wochen zu spät für die Auswilderung dran und zogen auf den nun igelsicheren mit einer Rasenmatte belegt Balkon. 2 große Kunststoffordnungsboxen mit abnehmbaren Deckel und 15x15cm Eingang wurden ihre Häuser, gefüllt mit Laub und Stroh. 2 weitere Pappkisten gefüllt mit Stroh und Laub dienten als Beschäftigungsboxen zur selbstständigen Verfeinerung ihrer Winterquartiere. Ihre Toiletten benutzten sie nun wesentlich zielsicherer, und der Appetit vermehrte sich an der frischen Luft. Nur an den Winterschlaf wollten sie noch 14 Tage lang nicht denken trotz leichtem Frost. Sie hatten einfach viel zu viel zu tun. Da sie nun schon 1250 Gramm wogen, hatte ich schon ein bisschen Sorge, dass die Türen in den Kisten ihnen zu eng wurden. Aber dann kam doch der Sandmann und sie schliefen fast durch bis zum nächsten Frühjahr. Olga erwachte mit 550 Gramm am 28.04.21 und das Stachelkleid war etwas ihr zu weit geworden. Paula und Bärbel hingegen schon am 21.04.21 und wogen je 1115 Gramm und 1170 Gramm und waren ausgehfein. Nach 14 Tagen Freilandspaß mit regelmäßiger Zufütterung verabschiedeten sich die 2 Kleinen in die Lommatscher Pflege auf das Bauergut mit ihren Schlaf- und Futterhäusern samt Futter zu unserer Kräuterfrau Koreen, die sich herzlich über die Gartenhelfer freute. Ihnen geht es dort gut und sie sind absolut abseits von einer großen Straße. Holzhaufen und riesengroße uralte Hecken dienen ihnen als Versteckmöglichkeit und vielleicht haben sie bald einen hübschen Igelmann entdeckt. Die olle Olga ist bei uns geblieben und hat eine Spielkameradin. Ihr Name ist Renn-Nate. Den Namen bekam sie von uns, da sie unheimlich flink ist. Vor 3 Wochen feierten sie gemeinsam mit Floh-Rian Hochzeit und wenn wir uns nicht verrechnet haben, werden wir 2x Igelgroßeltern. Das ist doch auch etwas? ☺